Adolf Clarenbach

Geschichte

Auf dem Buscherhof, der zum Kirchspiel Lüttringhausen gehörte, wurde um 1495 Adolf Clarenbach geboren. Er starb als einer der ersten Blutzeugen der Reformation Ende September 1529 auf dem Scheiterhaufen in Köln. An ihn erinnert unser Gemeindesiegel, der Kronleuchter in unserer Kirche und ein Denkmal an der Lüttringhauser Straße.

Adolf Clarenbach wird um das Jahr 1495 auf dem zur Außenbürgerschaft Lenneps gehörenden Buscher Hof geboren, für den der Pfarrer von St. Johann Baptisti in Lüttringhausen zuständig war. Von den Eltern ist nur der Name des Vaters bekannt. Der Name Clarenbach leitet sich von einem Flurnamen her. Der Name der Mutter bleibt unbekannt. Sie wird aber für ihren Sohn nach dessen eigenem Bekunden „zur Lehrerin im wahren christlichen Glauben“. Adolf Clarenbach wächst mit noch mindestens fünf weiteren Geschwistern auf. Auf welche Weise die Mutter ihren Kindern und zumal Adolf Clarenbach „zur Lehrerin im wahren christlichen Glauben“ wurde, wissen wir nicht. Man mag annehmen, daß es um einfache Gottesfurcht und redliche, nüchterne Alltagsheiligung ging. Theologische Spekulationen lagen dem Volk fern.

Clarenbach besucht vor 1511 die Lenneper Schule. Hier lernt er recht und schlecht Latein, vermutlich von seinem Ortspfarrer gefördert. In dieser Zeit mag er auch als Ministrant fungiert haben. Sein Lenneper Seelsorger wird ihn später im Kölner Gefängnis besuchen, um ihn zum Widerruf zu bewegen.
In Münster, wohin der vermutlich noch nicht 15jährige wechselt, besucht er wahrscheinlich die oberen Klassen einer uns namentlich unbekannten Schule. Hier kommt er möglicherweise mit den „Brüdern vom gemeinsamen Leben“ in Berührung. Es mag sein, daß Clarenbach schon jetzt unter humanistischen Einfluß gerät.

Im August 1514 wird der jetzt knapp 20jährige Clarenbach in der Kölner Universität immatrikuliert, die als das Zentrum des Thomismus bekannt ist. Er wohnt in der Laurentiusburse, durchläuft den Studiengang der philosophischen Fakultät und erwirbt 1517 den Titel eines Magisters. Sollte das Datum zutreffen, dann hat Clarenbach seine Studien zügig abgeschlossen. Sein Berufsweg als Lehrer war damit vorgezeichnet.

Der Magister Adolf Clarenbach verläßt 1517 Köln. Wo er sich in den nächsten Jahren aufhält, ist unklar. 1521 ist er wieder in Münster und unterrichtet an einer Lateinschule. Zwischen Münster und Wittenberg haben sich seit 1520 / 1521 Verbindungen angebahnt. Es liegt nahe, daß Clarenbach hier auch Schriften Luthers in die Hand bekommt. Er, der noch später als „Kreuzschelter“, d.h. als Kritiker der Bilderverehrung, in Erinnerung ist, erregt den Unwillen der Obrigkeit und muß wahrscheinlich 1523 die Stadt verlassen.

Der Rat der Stadt Wesel stellt Clarenbach als Konrektor an der städtischen Lateinschule ein (1523-1526). Schon bald werden Herzog Johann von Kleve Beschwerden über ketzerisches Treiben in Wesel hinterbracht. Der Stadt gelingt es jedoch, die Sache herunterzuspielen. Am 26. März 1526 erläßt das Herzogpaar für die gemeinsam regierten Herzogtümer Kleve und Jülich-Berg ein scharfes Edikt, das die Verbreitung der Lehre Luthers untersagt. Es gelingt der Stadt, unter Verweis auf falsche Gerüchte beim Hof aber einen Verzicht auf direkte Maßnahmen zu erwirken. Im September 1526 kommt es jedoch zu einem Eklat, in dessen Verlauf der Rat der Stadt Wesel Clarenbach ausweist.

Von Büderich, wo Clarenbach für`s erste Unterschlupf findet, zieht er weiter nach Osnabrück. Hier betreibt er eine private Latein-Schule, in der neben dem üblichen Pensum auch die Auslegung der Bibel traktiert wird. Clarenbach geht dann einen Schritt weiter. Neben den Schülern, die von Wesel mit ihm gezogen sind, lädt er durch Anschlag vom 6. November 1526 auch die Stadtjugend von Osnabrück ein. Weihnachten 1526 spitzt sich die Lage in Osnabrück aber so zu, daß die Franziskaner die Ausweisung Clarenbachs durch den Rat der Stadt erwirken.

In seinem 1527 an den Rat seiner bergischen Heimatstadt Lennep gerichteten Abschiedsbrief beschreibt Clarenbach die nächsten Monate. „Als ich in der letzten Fastenzeit von Osnabrück mit etlichen Knaben und Schülern, so mir von frommen Leuten anvertraut waren zu lehren und wohl zu unterweisen, nach Wesel und Köln gereist bin, um selbige wieder zu ihren Eltern zu bringen, und als ich von Köln wieder heimkomme, meine Eltern zu besuchen, und mich anschickte, nach Meldorf im Dithmarschen zu reisen, dahin ich als Diakonus oder Kaplan berufen war, ist mir in dieser Zeit vorgekommen, wie die Pfaffen und Mönche mit ihrem Anhang mich für einen Ketzer hielten und ausschelten darum, daß ich das Evangelium und ewige Worte (dem sie abgefeimte Feind sind und haltens für Ketzerei; ob es gleich eine Kraft Gottes ist allen denen, so daran glauben) meinen Eltern, Brüdern und Schwestern samt anderen Christen-Brüdern und Schwestern verkündete und lehrte, soviel mir Gott durch seine Gnade gegeben hat. Auch bin ich gewarnt worden, mich bald hinweg zu machen, daß ich nicht gefangen würde.“

Das, was Clarenbach als Ketzerei angelastet wird, ist kaum mehr, als daß er vermutlich auf dem elterlichen Hof die Bibel ausgelegt hat und der Zutritt weiten Kreisen offenstand. Er wird bei seinem Tun ein gutes Gewissen gehabt haben. Denn gelegentlich der offiziellen Verlobung der ältesten Herzogstochter Sybille mit dem sächsischen Kurprinzen Johann Friedrich (der „Gutmütige“, 1532-1547, + 1554), der evangelisch erzogen ist, predigt und disputiert der Gothaer Pfarrer Friedrich Mykonius und lutherische Hofprediger in Düsseldorf.

Clarenbach wird die Stelle eines Kaplans in Meldorf nicht antreten. Er fühlte sich gedrungen, zuvor seinem Freund Johann Klopryß beizustehen, der nach Köln vor das Geistliche Gericht geladen war, weil er der reformatorischen Lehre abgeschworen hatte, aber rückfällig geworden ist. Beide treffen wohl in den ersten Apriltagen 1528 in Köln ein. Clarenbach mußte wissen, auf was er sich einließ. Denn der Rat der Stadt unterband um der Ruhe willen allen theologischen Streit. Als Peter Fliesteden, ein Mann, von dem nur Vages bekannt ist, gelegentlich einer Messfeier im Dom seine Meinung darüber derb ausdrückt, kommt es zum Eklat. Auf eine Anzeige hin wird Fliesteden verhaftet. Welche „protestantische“ Position er vertrat, bleibt unsicher. Er wollte vermutlich eine öffentliche Diskussion über die katholische Messe erzwingen. Als Gotteslästerer mit der Todesstrafe bedroht, wird seine Sache mit entsprechenden Ratsbeschlüssen vom 30. Dezember 1527 und 8. Januar 1528 dem kurfürstlichen Hohen Gericht zugeleitet.

Am 3. April 1528 wird Klopryß verhaftet. Clarenbach protestiert dagegen und wird ebenfalls festgesetzt. Da man unterstellt, beide seien Geistliche, werden sie dem Geistlichen Gericht überstellt. Clarenbach beruft sich auf seinen Laienstand, appelliert an ein weltliches Gericht und bleibt vorab in städtischer Untersuchungshaft auf dem Frankenturm. Klopryß wird als rückfälliger Ketzer zu lebenslänglicher Haft in den Domkeller gesperrt.

Dem Rat der Stadt Köln liegen gegen Clarenbach verschiedene Beschwerden vor. Es wird eine eigene Ratskommission gebildet, die zusammen mit den Inquisitoren die Untersuchung führt. Clarenbach bestreitet die gegen ihn vorgebrachten Punkte der Anklage. Sie entsprächen nicht der Wahrheit. Er bekennt ausdrücklich seinen christlichen, biblisch begründeten Glauben. Die Zuständigkeit des Geistlichen Gerichts lehnt er erneut ab.

Der Rat der Stadt Lennep wie der Bruder Clarenbachs versuchen, durch Eingaben das Schicksal des Gefangenen zu wenden. Der Rat der Stadt Köln lehnt das Gesuch ab und verlegt Clarenbach am 15. Mai 1528 auf die Ehrenpforte in Einzelhaft. Man will unter allen Umständen verhindern, daß er Mithäftlinge durch seine Reden zum Abfall vom katholischen Glauben verführt. Die Untersuchungen schleppen sich hin. Clarenbach beantwortet schließlich ihm vorgelegte Fragen und verwahrt sich zugleich gegen das Verfahren. Er besteht darauf, daß er allein auf Grund der Schrift zum Widerruf bereit sei. Franz Clarenbach, einer der Brüder, ruft im August 1528 das Reichskammergericht an und erwirkt am 10. September 1528 ein Mandat gegen die Stadt Köln. Der Erzbischof Hermann von Wied tritt jetzt in das Verfahren ein, in dem die Stadt Köln mit Erfolg gegen das Mandat des Reichskammergerichts Widerspruch einlegt. Der Rat der Stadt Köln schreitet energisch gegen evangelische Aktivitäten in der Stadt ein. Der Prozeß vor dem Reichskammergericht schleppt sich hin, ohne jedoch für Clarenbach einen Vorteil zu bringen. Der Fall wandert zwischen Stadt, Erzbischof und Hohem Gericht hin und her.

In der Sylvesternacht 1528 flieht Klopryß. Am 4. März 1529 tritt das Geistliche Gericht zusammen, verurteilt Clarenbach als Ketzer und exkommuniziert ihn. „So scheiden wir denn diesen Adolf Clarenbach als ein räudiges Schaf und als ein faules stinkendes Glied von der Kirche ab und übergeben ihn der weltlichen Obrigkeit, jedoch mit der Bitte, daß sie ihm an Leib, Leben und Blute nichts zufügen möge.“

Die endliche Verurteilung obliegt der Stadt Köln. Sie aber zögert. Es finden erneut Verhandlungen statt. Das Verfahren leidet offensichtlich an nicht unerheblichen Rechtsmängeln. Zudem wird versucht, Clarenbach zum Widerruf zu bewegen. Er aber bleibt standhaft. Die Vollstreckung des Urteils dürfte von dem Erzbischof Hermann von Wied veranlaßt worden sein.

Am 30. September 1529 werden Clarenbach und Fliesteden zur Richtstätte in Melaten gebracht. Auf dem Weg drängt sich eine ungeheure Menge Schaulustiger. Der Versuch, die beiden auf dem Weg zur Richtstätte am öffentlichen Reden zu hindern, schlägt fehl. Sie stärken sich gegenseitig, beten das Vaterunser, das Ave Maria, sprechen das Apostolische Glaubensbekenntnis und legen die Lebensbrotworte aus Johannes 6 aus.

Fliesteden erhält auf dem Richtplatz noch einmal das Wort. Er hält den Greven, der die Hinrichtung leitet, für einen Christenverfolger, der schlimmer als Pilatus sei. Fliesteden wird daraufhin zum Schweigen gebracht, an den Brandpfahl angekettet und erwürgt. Clarenbach, von einem Augustinermönch mit Johannes 11, 25 getröstet – “Wer an mich glaubt, der wird leben, ob er gleich stürbe.“ -, ist gelassen und beteiligt sich an der Vorbereitung seiner Hinrichtung. Ein Pulversäckchen, das ihm an den Hals gehängt wird, soll die Qual des Feuertodes erleichtern. Clarenbach stirbt in den Flammen mit den Worten aus Lukas 23, 46: „O Herr, in deine Hände befehle ich meinen Geist.“

In dem Brief an seine Heimatstadt schrieb Clarenbach, er sei bereit, „des Evangeliums halber bis zum Feuer zu disputieren, möchte ich darob siegen oder sterben“. Er vermutete damals aber, es werde ihm solcher Disput verwehrt, „indem Gewalt über Recht geht, so will ich durch Gottes Gnade leiden und dulden und alles dem himmlischen Vater anheimstellen, nach seiner Güte zu vergelten.“